Definition der Lagerhaltung
Um die Aufgaben der Lagerhaltung zu erläutern, möchten wir vorher kurz unsere Definition von Lagerhaltung vorstellen. Lagerhaltung bedeutet eine gewollte Unterbrechung des betrieblichen Materialflusses — das heißt es entstehen bewusst gebildete Bestände. Die Lagerhaltung folgt in prozessorientierter Betrachtung nach der Beschaffung und liegt vor der Fertigung. Von Zwischenlagerung spricht man dann, wenn der Materialfluss zwischen den einzelnen Fertigungsstufen unterbrochen wird.
Zur näheren Beschreibung behandeln wir in diesem Beitrag die Aufgaben der Lagerhaltungund die Teilaufgaben der Lagerhaltung.
Aufgaben der Lagerhaltung
Zunächst behandeln wir die wichtigsten, primären Aufgaben der Lagerhaltung. Dazugehören dieBereitstellungsaufgabe, dieAusgleichsaufgabe, dieSicherungsaufgabe, dieVeredelungsaufgabeund schließlich dieSpekulationsaufgabe.
Bereitstellungsaufgabe der Lagerhaltung
Die Bereitstellungsaufgabe soll eine reibungslose Durchführung der Fertigung sichern. Analog zum Handel wird auch von der Sortimentsfunktion des Lagers gesprochen. Bei langlebigen Gütern wirft vor allem die Ersatzteillagerung ein schwer lösbares Sortimentsproblem auf (so lagert beispielsweise die Daimler AG mehr als 280.000 Ersatzteile). Mit der Sortimentsfunktion eng verbunden ist die Darbietungsfunktion des Lagers (Visualisierung des Sortiments für den Bedarfsträger).
Ausgleichsaufgabe der Lagerhaltung
Die Ausgleichsaufgabebetrifft den Mengen- und Zeitausgleich zwischen den Lieferungen und dem Bedarf, aber auch den Ausgleich von Kapazitätsunterschieden in der Fertigung.
Sicherungsaufgabe der Lagerhaltung
Die Sicherungsfunktion bezieht sich sowohl auf unerwartete Störungen und Schwankungen auf dem Beschaffungsmarkt (z. B. Ernteausfälle, Lieferzeitüberschreitungen, Transportstörungen) als auch auf nicht vorhergesehene Bedarfsschwankungen in der eigenen Produktion (z. B. Mehrverbrauch). In Sonderfällen sind sogar Bevorratungspflichten zur Krisenvorsorge aufgrund gesetzlicher Auflagen zu beachten. Das primäre Ziel der Sicherungsaufgabe ist also, dass das jeweilige Produkt stets in den Regalen steht und käuflich erworben werden kann.
Veredelungsaufgabe der Lagerhaltung
Als Veredelungsaufgabebezeichnet man die bereits erwähnte (gewollte) Qualitätsveränderung der Bestände (z. B. Alterung, Gärung bei alkoholischen Getränken, Trocknung etc.). Die Lagerung ist in diesem Fall ein Teil des Fertigungsprozesses (Produktiv- oder Reifelager).
Spekulationsaufgabe der Lagerhaltung
Die Spekulationsaufgabehängt mit der Antizipation von Preis- und Qualitätsentwicklungen auf dem Beschaffungsmarkt zusammen. Der Bedarf für zukünftige Perioden dient dabei als Orientierungshilfe. Wenn beispielsweise anhand fundierter Indizien vermutet wird, dass der Preis für alten Whisky in Zukunft enorm ansteigen wird, könnte dieser bewusst länger gelagert werden als sonst üblich.
Teilaufgaben der Lagerhaltung
Teilaufgaben der Lagerhaltung sind der Lagereingang, die Lagerhaltung im engeren Sinne, der Lagerausgang und die Lagerdisposition.
Lagereingang
Zum Lagereingang gehören die Materialannahme, die Materialprüfung, die Meldung von Fehllieferungen und Transportschäden, das Ausstellen und Verteilen von Materialeingangspapieren sowie die Leergutbehandlung.
Lagerhaltung im engeren Sinne
Die Lagerhaltung im engeren Sinne bedeutet insbesondere die Pflege und Konservierung der Bestände (Werterhaltung). Sie beginnt mit der Einlagerung, die genau wie die Umlagerung jeweils Transportvorgänge innerhalb und zwischen den Lägern auslöst. Dazu ist es notwendig, die Lagerplätze zu bestimmen.
Lagerausgang
Der Lagerausgang (die Lagerentnahme) verursacht wiederum Transportvorgänge. Im Zuge der Kommissionierung werden die Materialien entsprechend den Anforderungen einzelner Bedarfsträger zusammengestellt. Es folgen die Materialausgabe (gekoppelt mit administrativen Verrichtungen an Materialausgabescheinen) und die teilweise aufwendige Ausgabeüberwachung. Wenn die Belieferung des Bedarfsträgers nach dem Bringsystem erfolgt, sind auch Transportmittel bereitzustellen.
Lagerdisposition
Die Lagerdisposition wird auch als Lagerverwaltung bezeichnet und umfasst im Einzelnen folgende Aspekte.
- die Lagerbestandskontrolle auf der Basis von Bestandsfortschreibungen (Lagerbuchhaltung) und körperlicher Bestandsaufnahme (Inventur)
- das Veranlassen von Bestandsergänzungen
- das Ermitteln von Umschlagshäufigkeiten
- das Feststellen und Eliminieren von Lagerhütern
- Maßnahmen zur Standardisierung der Teile (Typenbereinigung)
- die Pflege der Behördenkontakte bei Zoll- oder Einfuhrlägern